Stoppt die Vorratsdatenspeicherung! Jetzt klicken & handeln!Willst du auch bei der Aktion teilnehmen? Hier findest du alle relevanten Infos und Materialien:

Sunday, January 30, 2005

Über die Luftpumpen

Ich hatte ja versprochen, bei Gelegenheit den Uneingeweihten den Titel meines Blogs zu erklären. Eigentlich ist gerade kein sonderlich gute Gelegenheit, da ich mich besser mit meiner Bewerbung für Cornell oder der morgigen Präsentation beschäftigen sollte, und deswegen fasse ich mich vorläufig sehr kurz.

Der Titel und Name des Blogs ist eine Anspielung auf den Titel eines Buches von Steven Shapin und Simon Schaffer, Leviathan and the Air Pump. Hobbes, Boyle, and the Experimental Life. Darin geht es, grob gesagt, um die Entstehung des Experiments als bevorzugter Form der Erkenntnisgewinnung in den Naturwissenschaften. Eine wichtige Auseinandersetzung in der Frühphase dieser Entwicklung spielte sich zwischen Thomas Hobbes (den meisten wohl nur als Staatsphilosoph mit seinem Leviathan bekannt) und Robert Boyle, einem der Erfinder der Luftpumpe (Otto von Guericke war zwar früher dran, aber Boyle entwickelte ein Design, mit dem sich innerhalb des "Vakuums" Experimente durchführen ließen). Shapin und Schaffer zeigen anhand dieser Kontroverse um die richtige Methode des Erkenntnisgewinns sehr schön einerseits die Eingebettetheit wissenschaftlicher Kontroversen in gesellschaftliche Kontexte, zeigen aber zum anderen auch (und damit unterscheiden sie sich von mehr konstruktivistischen Wissenschaftstheoretikern), dass der Ausgang der Kontroverse unlösbar mit den Mitteln des Experiments -- hier also der Luftpumpe -- und bestimmten Vorannahmen, etwa über die Existenz des Vakuums, verknüpft ist. Weiterer wichtiger Punkt ist, dass Shapin und Schaffer schön rekonstruieren, wie sich in dieser Kontroverse ein "experimental way of life", eine bestimmte Lebensform mit nicht zuletzt moralischen Normen, herausgebildet hat, die unsere Sichtweise von "richtiger" Wissenschaft bis heute prägt.

Im Einzelnen gibt es natürlich viele weitere sehr spannende Punkte und ich kann die Lektüre des Buches nur wärmstens empfehlen! (eine kurze Rezension findet sich zum Beispiel hier)

Viele (mich eingeschlossen) halten das Buch für ein großartiges Beispiel für eine "neue" Form der Wissenschaftsgeschichte, die nicht bloße Ideengeschichte betreibt, sondern Wissenschaft und ihre Instrumente in verschiedene Kontexte einzubetten und die Verbindungen zwischen den verschiedenen epistemischen Felder aufzuzeigen versucht.


Steven Shapin and Simon Schaffer. Leviathan and the Air Pump: Hobbes, Boyle and the Experimental Life, Including a Translation of Thomas Hobbes, Dialogus Physicus De Natura Aeris. Princeton, NJ: Princeton University Press, 1985.


Friday, January 28, 2005

VV-Flashbacks

Wie angekündigt bin ich pflichtbewusst zur Info-Vollversammlung gegangen. Mein letzter Blog-Eintrag hatte mein Kommen noch etwas verzögert, aber ich war mir sowieso ziemlich sicher, dass man um halb drei sicher nocht nichts verpasst hast, wenn die VV auf zwei angekündigt ist. So war es dann natürlich auch -- der Hörsaal war passabel voll, aber die Versammlung hatte noch nicht begonnen. Zu meinem Erstaunen war ein relativ großes Presseaufgebot da, viele Fotografen (sic) und sogar Reuters TV mit zwei Kameras.

Gegen zwanzig vor drei ging es dann endlich los, der Arbeitskreis Hochschulpolitik hatte die Sache organisiert und leitete die Sitzung auch. Während die Tagesordnung vorgestellt wurde und darin das Wort "Resolution" erwähnt wurde, stellte sich bei mir zuerst eine kurze Gänsehaut ein, die dann aber umgehend in eine gewisse Erheiterung umschlug. Für die Uneingeweihten: "Resolution" ist auf studentischen Vollversammlungen immer derjenige Teil, während dem sich die Masse der Leute spätestens verzieht und bei dem es die beknacktesten Redebeiträge, Geschäftsordnunganträge und Zwischenrufe gibt. Ich kann nur jeder und jedem, die oder der selbst mal so eine Veranstltung durchführt und eine möglichst große Beteiligung an etwaigen Aktivitäten gewährleistet haben will, raten, auf eine Resolution entweder vollkommen zu verzichten oder zumindest einen vorher vorbereiteten, aus etwa vier Gemeinplätzen bestehenden Text in einem möglichst unauffälligen Verfahren abnicken zu lassen. Was in Resolutionen steht, interessiert außer denjenigen, die sie abstimmen, sowieso niemanden. Und das meine ich genau so, wie ich es sage, keine Relativierung, das ist so.

Nach Vorstellung der Tagesordnung gab es anlässlich des Jahrestages der Befreiung von Auschwitz eine Gedenkminute; sehr gute Idee, fand ich, und die Anwesenden haben sich auch anständig verhalten (keine Ahnung, ob das heute noch selbstverständlich ist). Nach der Gedenkminute gab es ein etwa fünfzehnminütiges Eingangsreferat von David Hachfeld(?), der in einer rhetorisch höchst angenehmen Art und Weise die aktuelle Situation darstellte. Die anschließende Debatte war wie zu erwarten: langweilig, recht kraftlos und teilweise einfach furchtbar: "Wir Studierende müssen eine Partei gründen!", "Wir müssen die SPD in ihrer kritischen Haltung stärken!", "Die Wahlalternative ist für Euch da!" usw. usf. Was mich etwas erstaunt hat, war, dass einige sich von den Gewerkschaften einiges versprachen; ich hätte nicht gedacht, dass die Gewerkschaften doch noch einen gewissen kritischen Ruf haben. Aber vielleicht waren es ja auch nur Mitglieder, die sich zu Wort gemeldet haben (*gesteh* ich habe mit dem Gedanken gespielt, der Versammlung die Solidarität des Landesauschusses der Studierenden zuzusichern. Aber da es dazu noch keinen Beschluss gab, habe ich es als anständiger GEWler natürlich gelassen ;-)

Da ich noch beim Auslandsamt vorbeiwollte und ich mir von weiterem Bleiben auch nichts versprach, bin ich gegen halb vier wieder gegangen. B hat mir beim abendlichen LASS-Treffen dann n erzählt, dass auch nicht mehr viel gelaufen sei, außer dass für heute und Sonntag Treffen an der Offenen Uni anberaumt wurden und es am 3.2., dem bundesweiten Aktionstag, auch in Berlin eine Demo geben soll.

Was soll man abschließend zu der Sache sagen? Klar, zum größten Teil war alles wie immer, nur schlimmer (SCNR). Das Schlimmere war meines Erachtens die recht lethargische Stimmung der Anwesenden, die ansonsten in der Frühphase des Protestes bisher eigentlich immer kämpferischer war. Man könnte vermuten, dass der Streik vom letzten Jahr, noch einigen eine demotivierende Erfahrung ist (kleine Skurilität am Rande: während der Debatte haben mehrmals Leute ernsthaft behauptet, der letzte Streik sei erfolgreich gewesen!). Ein anderer Faktor ist IMO, dass sich die meisten durch die aktuelle Beschlusslage des rot-roten Senates noch sicher fühlen und mit der Solidarität mit anderen, war es in Studi-Protesten ja noch nie weit her ...

Insofern bin ich einmal gespannt, wie sich die Situation weiter entwickeln wird. Ich bin pessimistisch, aber das ist ja auch nichts Überraschendes.

Thursday, January 27, 2005

Gestern war es dann also soweit: wie zu erwarten, erklärte das Bundesverfassungsgericht das allgemeine Verbot von Studiengebühren für das Erststudium durch den Bund für unzulässig. Erstaunlicherweise lässt mich diese Entscheidung bisher ziemlich unbeeindruckt, und ich vermute, dass es zum einen mit einem pessimistischen Fatalismus zu tun hat ("... war ja klar, dass da irgendwann kommt ...") und zum anderen mit der persönlichen Nicht-Betroffenheit. Beim zweiten Punkt bin ich mir allerdings nicht so ganz sicher -- auch in früheren Jahren bin ich zumeist davon ausgegangen, dass mich Studiengebühren nicht persönlich treffen würden bzw. ich sie dann schon irgendwie bezahlen können würde, aber ich habe der Frage dennoch einen höheren Stellenwert zugeschrieben. Insofern ist es wahrscheinlich eher so, dass Punkt zwei mit dem fatalistischen Moment von Punkt eins zusammenfällt. Woher diese Einstellung stammt, kann man sich vielleicht denken und ich habe auch keine Lust, es hier weiter auszuführen.

Was ich dagegen bei Gelegenheit weiter ausführen will, sind einige persönliche Überlegungen zu Studiengebühren, sozialer Selektivität und kapitalistischer Gesellschaft. Aber wie die Stichworte schon nahe legen, kann das noch ein bisschen dauern.

Festzuhalten bleibt: Studiengebühren und Kitagebühren und Büchergeld und Fortbildungsgebühren undundund sind und bleiben scheiße und unsozial Punkt.

PS Um dem Eindruck entgegenzuwirken, ich sei ein Lamer, der immer nur herumnörgelt und sich beklagt, dass die Dinge so schlimm sind: Ich gehe jetzt gleich zur Vollversammlung an der FU, in der wohl über die Konsequenzen von und handlungsmöglichkeiten angesichts des Urteils diskutiert werden soll. Und ich hätte fast eine Presseerklärung zum Thema für die GEW geschrieben ...

Tuesday, January 25, 2005

Time will tell

Ich habe ja schon seit längerem mit dem Gedanken gespielt, mir auch ein Blog zuzulegen. Allerdings hat mich die Erfahrung mit ähnlichen Projekten (Tagebuch, Reisetagebücher etc.), die oftmals sehr schnell wieder kläglich verendeten, etwas skeptisch gemacht. Andererseits: ich habe mich erst kürzlich mit L über unsere vielen gemeinsamen Projekte unterhalten, die wir mit viel Enthusiasmus begonnen und dann aber meist ziemlich sang- und klanglos wieder von der Agenda verbannt haben. L sah dies -- gerade in Hinblick auf meine Ideen für neuen Unsinn-- recht kritisch und meinte, dass das ja eigentlich scheiße sei, mit allem Möglichen anzufangen und dann nichts zu Ende zu bringen. Meine Entgegnung war, dass es letztendlich nicht so wichtig sei, ob man etwas bis zum Ende bringt, und es vor allem darauf ankomme, während der Zeit, in der man die Unternehmung noch aktiv betreibt, es mit Spaß tut. Gut -- ich will das nicht verallgemeinern, aber bei bei Projekten, die man "zum Spaß" verfolgt (vielleicht erläutere ich diese gemeinsamen Projekte bei Gelegenheit einmal ausführlicher, könnte ganz amüsant werden), denke ich schon, dass man es so sehen kann.
In diesem Sinne beginnt mit dem heutigen Tage also auch das Projekt Blog und ich werde mich hüten, irgendwelche Aussagen über die Lebensdauer oder Herzfrequenz des Wesens zu treffen. Time will tell ...