Soziale (?) Maschinen
In der aktuellen Technology Review ist eine Art follow-up zum weiter unten kommentierten Artikel "Das Web sind wir" erschienen. Unter dem Titel "Soziale Maschinen" geht Wade Roush auch auf die Hardware-Komponente des "neuen" Webs ein. Durch die Verfügbarkeit von Geräten wie Smartphones und WLAN-Laptops, durch die Verfügbarkeit der Informationen und Dienste des Internet an beinahe jedem Ort zu jeder Zeit seien neue Kommunikationsformen und (das ist meine Deutung im Wittgenstein'schen Sinne) auch Lebensformen entstanden. Entgegen dem ursprünglichen (und gescheiterten) Plan, Computer unsichtbar und auf diesem Wege sozialverträglicher zu machen, sei es heute kein Problem mehr, eine Armada von Geräten mit sich herumzuschleppen, solange man mit diesen nur auf das "neue Web" zugreifen könne. Eine weitere wichtige Rolle würde hierbei die zunehmende Verbreitung lokalisierter Dienste spielen, etwa die Bereitstellung von Informationen anhand des Aufenthaltsortes der Benutzerin oder des Benutzer. Selbst die Prognose der als nächstes erfolgenden Tätigkeit sei heute bereits in den Bereich des Möglichen gerückt:
Ein Telefon, das Terminkalender und Aufenthaltsort berücksichtigt, könnte beispielsweise erkennen, dass Sie nach dem Café immer ins Büro gehen, und schon mal beginnen, Ihre E-Mails und Nachrichten auf dem Anrufbeantworter aus dem Internet zu ziehen, während Sie noch Ihren Café Latte schlürfen.Oder, um es etwas überspitzt zu formulieren: Nachdem Sie sich für 15 Stunden in Ihrem Büro aufgehalten haben, könnte das Handy schon einmal automatisch die Upper und Antidepressiva nach Hause bestellen.
An dieser Stelle setzt auch meine Kritik an: Der Artikel hebt vor allem hervor, wie sehr durch die neuen technologischen Möglichkeiten "unsere" Produktivität gesteigert worden sei, wie wir neue soziale Netzwerke geschaffen hätten, die neue Formen der Kollaboration ermöglicht haben. Die These von der gesteigerten Produktivität sollte relativ einfach zu überprüfen sein, und genau dies, eine genaue empirische Untersuchung, hielte ich für notwendig -- wie die in den ersten Abschnitten von Roush beschriebenen Kontroverse um die Zulassung von WLAN während eines Meetings (Ablenkung versus Möglichkeit der Informationsbeschaffung) andeutet, ist die Lage weniger eindeutig als das im Artikel mitschwingt.
Grundlegendere Fragen, die keine schnellen Antworten haben, aber dafür spannende Themen einer kultur- und sozialwissenschaftlichen Untersuchung wären (Notiz an mich: im Hinterkopf behalten!), sind etwa: Von wem spricht Roush eigentlich in dem Artikel? Vielleicht nur von jungen, gebildeten, erfolgreichen IT-Fachleuten, Online-Journalisten, Manager in den westlichen Metropolen? Welche Auswirkungen haben die Technologien auf "die anderen"? Wenn Roush vom "sozialen Web" spricht: Welche Form der Sozialität wird hier kreiert? Welche Auswirkungen hat dies auf Identität(en)? Welche Interaktionen zwischen Sozialität und Technologie ergeben sich und wie werden die erstgenannten dadurch verändert (Stichworte: Hybriden und Monster)?
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