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Wednesday, June 29, 2005

Bin ich das Web?

Na ja, ich alleine wohl nicht, aber "wir" können diese Behauptung durchaus aufstellen, wenn man dem Artikel im deutschen Technology Review folgt. "Wir", das sind all diejenigen Spezies, die im im weitesten Sinne den neuen heißen Trend im Web verfolgen: Social Software. Darunter fallen so heterogene Dinge wie Blogs, soziale Foto-Klassifikationssysteme (oder wie auch immer man Flickr bezeichnen will) oder Business- und Interessencommunities. Das Entscheidende an diesen Technologien ist nicht, dass es sie gibt -- früher gab es durchaus ähnliche Erscheinungen wie Usenet oder Mailboxen --, sondern ihre massenhafte Verbreitung. Das heißt, im "Web 2.0" tummeln sich nicht nur die üblichen Verdächtigen, sondern ein breiter Querschnitt der Bevölkerung (und nicht nur der der Metropolen!).

Welche Konsequenzen das hat und haben wird? -- Der Artikel geht davon aus, dass die Grenzen zwischen Cyber- und "Meatspace" (wieder ein Wort gelernt) nach und nach verwischen werden, "[e]s wird Gewinner und Verlierer geben, neue Chancen, aber wahrscheinlich auch neue Ungleichheit". Aha. Jenseits solcher Plattheiten (@L und Ph: Es ist eine Interaktion!) sind die genannten Entwicklungen sicher wert, tiefer durchdacht zu werden. Eine Frage, die sich mir spontan stellte, war die nach der Bedeutung von Identität, leider fehlen mir aber gerade die Ressourcen, das genauer zu durchdenken.

Wednesday, June 22, 2005

selfLaTeX

In Amelies Welt fand ich den interessanten Hinweis auf das Projekt selfLaTeX. Wie der Name schon andeutet, soll es eine ähnlich umfassende Sammlung von LaTeX-Wissen sein wie das sehr etablierte selfHTML. Im Prinzip finde ich es schön, so etwas zu versuchen, bin aber mal gespannt, ob es klappt. Zum einen müssen sich natürlich Leute finden, die ihre Zeit hier investieren wollen (und nicht beim Schreiben neuer Pakete, Dokus oder in den einschlägigen Newsgroups), zum anderen ist LaTeX schon noch etwas anderes als HTML -- durch die unüberschaubare Zahl von Paketen sind die Probleme mitsamt ihrer Lösung oft sehr speziell und hier bleibt anzuwarten, wie weit ein Wiki hier sinnvoll ist.

Wednesday, June 15, 2005

Wissensmanagement

Durch die Lektüre von "Soziale Systeme" von Luhmann im Rahmen der Kultur-AG bin ich auf Luhmanns System des Wissensmanagements gestoßen, nämlich seinen berühmt-berüchtigten Zettelkasten. Zu dessen Funktionsweise gibt es auch einen Aufsatz von ihm [1], der das System als sehr attraktiv erscheinen ließ. Dazu kam, dass ich mit meinem bisherigen Organisationsprinzip nur mittelmäßig zufrieden war (ein Nebeneinander schriftlicher Notizen, großen Mengen von kopierten und digitalen Texten, sowie eine gut verschlagwortete Literaturverwaltung mit JabRef). Insofern stellte sich mir also die Frage einer sinnvollen Integration. Ein analoger Zettelkasten kommt nicht infrage, da Möglichkeiten wie Volltextsuche, bessere Integration in den Workflow etc. eindeutig für eine digitale Lösung sprechen. Hier stellt sich nun allerdings die Frage, welche Software meinen Bedürfnissen am ehesten entspricht. Auf verschiedenen Wegen war ich bisher über die beiden Programme synapsen und Zettelkasten gestolpert und habe beide kurz ausprobiert. Nach kurzer Zeit war allerdings klar, dass beide von meinem Ideal weit enfernt sind: synapsen hat den großen Nachteil, dass es nicht kostenlos (geschweige denn frei) ist und zusätzlich ist die Eingabestruktur ziemlich unflexibel; dasselbe Problem hat auch Zettelkasten, und hier kommt noch dazu, dass Literaturverwaltung (insbesondere die Integration in BibTeX) sehr unkomfortabel ist. Beiden gemein ist, dass sie ein jeweils eigenes Dateiformat verwenden, was die Interoperabilität, Kompatibilität und Zukunftssicherheit nicht gerade erhöht. Ergo: das kann nicht alles sein! Schließlich will ich die Lösung nicht schon nach kurzer Zeit wieder wechseln (müssen) und dann unter Umständen große Probleme bei der Portierung der Daten haben.

Glücklicherweise bin ich weder der erste noch der einzige, der eine gute Wissensmanagement-Lösung sucht/benutzt. Über die Stifti-ML (herzlichen Dank, in no particular order, an Jakob, Till, Niels, Christoph, Michael, Sebastian und Christian) habe ich einige Anregungen erhalten, die ich hier zusammenfassend darstellen will:

  • Wiki: Ein Wiki bietet bei der Form der Eingabe ein hohes Maß an Flexibilität. Zusätzlich ist die Eingabe und das Editieren sehr unkompliziert und es lassen sich einfach Querverweise realisieren. Die Flexibilität dürfte dann zum Nachteil werden, wenn es um Literaturverwaltung geht, die eine hohe Strukturierung notwendig macht (vielleicht lässt sich das über XML irgendwie umsetzen?). Die Möglichkeit, das Wiki lokal und/oder im Web zu betreiben, ist für kooperatives Arbeiten sicher von Vorteil. Als konkretes Programm wurde mir MoinMoin empfohlen
  • Word: Eine gewissermaßen direkte Umsetzung des Luhmann'schen Zettelkastenprinzips in die digitale Welt ist die Verwendung eines Word-Dokuments zur Sammlung des Wissens. Durch Verwendung der Gliederungsansicht lässt sich eine einfache Darstellung der Struktur verwirklichen und Querverweise sind ebenfalls möglich. Ein Problem bei langjähriger Benutzung kann die Größe des Dokumentes werden, aktuelle Word-Versionen sind hier jedoch deutlich stabiler geworden, und es besteht die Möglichkeit, bei einem bestimmten Umfang Inhalte in weitere Dokumente auszulagern (was allerdings auf Kosten der einfachen Durchsuch- und Überschaubarkeit geht). Ein weiterer Vorteil von Word ist die einfache Einbindung von nicht-westlichen Zeichensätzen und OLE-Objekten.
  • Notizbücher: Das gute alte Notizbuch -- ob nun ein Moleskine oder in preisgünstigerer Ausführung -- scheint auch noch bei vielen zum Einsatz zu kommen. Die Vor- und Nachteile sollten hierbei offensichtlich sein.
  • Tinderbox: Mehrmals als Non-Plus-Ultra der Informationsspeicherung und -strukturierung angepriesen wurde mir Tinderbox. Mangels einer Windows-Version (die aber bald kommen soll) bliebt es mir bisher leider verwehrt, es selbst auszuprobieren, aber die Beschreibung auf der Website sieht sehr vielversprechend aus. Die Möglichkeit der Visualisierung und u. a. grafischen Manipulation semantischer Zusammenhänge, die XML-Basis und die Integration ins Web und andere Programme lassen das Programm als sehr attraktiv erscheinen. Der Preis ist mit 165 USD zwar nicht gerade billig, wenn das Programm jedoch hält, was es auf den ersten Blick verspricht, scheint es angemessen zu sein.
  • ATLAS.ti und MAXqda: Als ich die Visualisierungen von Tinderbox sah, hatte ich sofort die Assoziation mit Abbildungen, wie sie mit Programmen zur Analyse qualitativer Daten, etwa ATLAS.ti oder MAXqda, erstellt werden können. Da sich die Auswertung qualitativer Daten vielleicht gar nicht so sehr von den Zielen einem persönlichen Wissensmanagements unterscheidet, müsste man sich überlegen, ob nicht auch ensprechende Software hier gute Dienste leisten könnte. Ein Vorteil von ATLAS.ti ist etwa die Codierbarkeit von Bild, Video- und Tonquellen, was bei anderen Lösungen kaum möglich sein wird. Leider gehen meine Erfahrungen mit diesen Tools über ein bisschen Herumspielen mit der Demoversion von ATLAS.ti nicht hinaus und ich erlaube mir deswegen kein Urteil.
  • Das Original: Interessanterweise benutzt niemand einen Zettelkasten nach dem Luhmann'schen Modell. Dies kann natürlich daran liegen, dass ich explizit nach digitalen Alternativen gefragt habe, aber da einige Antworter sich explizit für eine analoge Lösung ausgesprochen haben und Luhmanns System so schlecht nicht gewesen sein kann, wundert es mich schon ein wenig.
Dass eine ideale Lösung immer individuums- und in gewissem Maße disziplinspezifisch ist, ist klar. Deswegen habe ich versucht, Vor- und Nachteile der einzelnen Lösungen möglichst umfassend darzustellen und damit die Wahl zu erleichtern. Für mich selbst bin ich noch zu keinem abschließenden Urteil gekommen, aber ich will auf jeden Fall Tinderbox ausprobieren, und ein Programm zur lokalen Installation eines Wikis habe ich auch bereits installiert. Nach einer endgültigen Entscheidung werde ich hier auf jeden Fall noch etwas schreiben.

Weitere Links:
http://www.43folders.com/ (Seite rund um Effizienz usw.)
http://lys.antville.org/stories/630959/ (umfangreicher Überblick über Software zur Literatur- und Wissensverwaltung)

[1] Niklas Luhmann: Kommunikation mit Zettelkästen. Ein Erfahrungsbericht. In: ders.: Universität als Milieu. Kleine Schriften. Haux Verlag, Bielefeld: 1992, S.53--61. Siehe auch http://www.sciencegarden.de/meinung/200107/lxuhmann/luhmann.php